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Lost and not found: Die Poesie verschwundener Unterwäsche

Sagen wir mal: Ihr Koffer ist weg. Verschwunden, nicht mehr aufzufinden, verschollen.

Sie haben einen Flug hinter sich, sind vielleicht ein- oder mehrmals umgestiegen, haben am Gepäckband angestanden und auf die Öffnung gestarrt, aus dem das Gepäck aufs Band läuft, aber da taucht immer nur wieder der abgewetzte Rucksack auf und die zwei, drei Gepäckstücke, die Sie schon kennen, weil sie schon zehnmal durchgelaufen sind und die aber keiner haben will.

Sie haben darauf beim Baggage Claim vorgesprochen und Ihren Verlust gemeldet. Aber außer einem Bearbeitungscode und einer Telefonnummer haben Sie nichts in der Hand. Die Airline bedauert: Wir können nichts finden.

Jetzt können Sie natürlich Ihren Anspruch auf Entschädigung einreichen. Nur machen Sie sich bitte keine große Hoffnung: Die Fluggesellschaften wissen sehr gut, wie man Passagiere in solchen Fällen mit ein wenig Kleingeld abspeist.

Eine letzte Chance gibt es noch: ISTHISYOURLUGGAGE.COM

Okay, wenn man weiß, dass allein im Jahr 2008 weltweit ungefähr 750.000 Gepäckstücke auf Nimmerwiedersehen verschwunden sind, dann ist die Chance, dass ausgerechnet Sie Ihren Koffer hier wiedersehen werden – nun ziemlich genau 1:100.000. Schauen Sie trotzdem nach. Man spielt ja auch Lotto (1:vielemillionen)

Luna Laboo heißt die Betreiberin von Isthisyourluggage. Es ist ein Künstlername. Als Art/Social Project versteht sie auch Ihre Initiative. Angefangen hat alles, als im Frühjahr in London-Heathrow das Chaos ausbrach. Als dort ein neues Terminal eröffnete, brach die Gepäckbeförderung komplett zusammen. Menschen mussten ein paar Tage lang auf dem Flughafen ausharren – und ihre Habseligkeiten nahmen den Weg ins Nirwana der internationalen Gepäcklogistik.

Wenn ein Koffer 100 Tage irgendwo in einem Depot herumsteht und keinem Passagier mehr zugeordnet werden kann, wird er auf einer Auktion versteigert. Allein bei der Lufthansa fallen im Jahr 20 LKW-Ladungen Auktionsgut an.

Luna Laboo liebt offenbar solche Versteigerungen. Sieben Koffer hat sie dort bereits erworben. Dann macht sie sich an die Arbeit: Sie fotografiert jedes einzelne Teil. Wie eine Kriminaltechnikerin der Polizei. Die Bilder stellt sie auf die Website, dem jeweiligen Koffer zugeordnet. Lauter most wanted T-shirts, bikinis, jeans …Eine Galerie sachlicher, kühler, professionell ausgeleuchteter Produktfotos. Die aber alle ein Drama erzählen, voller Wut, Frust, Enttäuschung.

Leider weiß ich nicht mehr über Luna Laboo. Sie beantwortet meine Mails (bisher) nicht. Wahrscheinlich zu beschäftigt. Oder auf Reisen.

In London soll sie leben, soviel lässt sich aus dem Netz fischen. Und in einem Interview verrät sie, wie excited sie ist, wenn sie einen Koffer aufmacht und dass es ihr total leid tut um den Verlust und sie sich nichts mehr wünscht, als dass die Koffer und ihre Besitzer wieder zusammenfinden mögen.

Vergeblich, bis heute.

Der schlimmste Koffer-Verschluderer in Europa ist übrigens British Airways mit 24,5 Gepäckstücken pro 1000 Passagiere (klar, Heathrow). Die Lufthansa schafft es auf Platz 4, mit 18,1/1000 Pax. Sogar die kleine Luxair bringt es auf Rang 6 mit 16,4/1000 Pax – erstaunlich, wo in einem so übersichtlichen Ländchen solche Kofferberge abbleiben. Mehr Zahlen und Listen haben  Sunshinenews und Warentest.

 

 

 

 

Ein Kommentar zu “Lost and not found: Die Poesie verschwundener Unterwäsche

  1. philip

    ist ja unglaublich-
    so viel gepäck geht bei BA auf den koffer-planeten.
    kloingt so als würden sie über dem atlantik immer mal etwas ballast abwerfen. der umwelt zuliebe.
    weniger gewicht ist weniger treibstoff verbrauch!

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